Masters of the Universe

Ist im postdramatischen Theater schon lange die Rede vom emanzipierten Zuschauer‹ und ist die Förderung eigenverantwortlichen Handelns in der Pädagogik anerkanntes Ziel für die kindliche Persönlichkeitsentwicklung, so fordern die Performancegruppe SKART und Kampnagel genau an dieser Schnittstelle die Konsequenzen für das Theater mit jungen Leuten. Inspiriert von den Theorien des Neurobiologen Prof. Gerald Hüther werden hierarchisierende Unterscheidungen zwischen Kindern und Erwachsenen nivelliert; entgegen der herkömmlichen Bildungsetiquette und den Produktionsstandards der Theaterwelt sind »die Kleinen« für SKART ebenso wie für Kampnagel mündige Kollegen. Auf der Basis von Freiwilligkeit ist Begeisterung, aber auch die Fähigkeit zur kollektiven und basisdemokratischen Selbstorganisation der wichtigste Motor für den Umgang mit den Kindern und Jugendlichen. Die Idee von Theater soll nicht als abgeschlossenes Kultursystem an die junge Generation weitergegeben, sondern als offenes und umformulierbares Gemeingut präsentiert werden, das gesellschaftliche Diskurse nicht nur abbildet, sondern mitgestaltet. Kulturelle Bildung muss heißen, die nächste Generation nicht zu Theatermachern und -gängern zu erziehen, sondern mündig zu machen, den Kulturbegriff samt seinem sozialen Kontext zu hinterfragen.

Die Doppelpass-Kooperation zwischen SKART und Kampnagel hat das Ziel, ein experimentelles egalitär-emanzipatorisches Kinder- und Jugendtheaterprofil zu entwickeln und nachhaltig auszubauen. Auf ergebnisoffene und prozessorientierte Weise sollen jenseits von Sparten-Denken strukturelle Möglichkeiten des Theaters mit Kindern erprobt sowie ästhetisch und inhaltlich anspruchsvolle Performancekunst für Zuschauer jeden Alters entwickelt werden.

Die entstehenden Ergebnisse richten sich explizit nicht nur an ein junges Publikum. Sie sind in ihrer kritischen Sprengkraft für alle da. Im Schatten der Beuys’schen Sozialen Plastik sollen Kunst und Leben, Jung und Alt zu einer interagierenden und vor allem auch selbstkritischen Masse verschmelzen. Was hier produziert wird, „kann nur gelingen“ (Hüther).

Den Kern und Beginn des Projekts bildet eine enge Zusammenarbeit von SKART mit der Neuen Schule Hamburg („Nena-Schule“), die – aufgebaut nach dem Konzept der Sudbury-Schulen – fundamental anders funktioniert als Regelschulen. SKART haben von Oktober bis Dezember 2013 an der Schule hospitiert und das Konzept eines basisdemokratischen, gleichberechtigten und selbstermächtigenden Miteinanders und dessen Umsetzung kennengelernt. Im Austausch wurde die eigene Arbeitsweise den Schülern der Neuen Schule präsentiert und die Parallelen zwischen pädagogischem Ansatz und kollektivem Arbeits- und Kunstverständnis erforscht.

Während der zweijährigen Doppelpass-Residenzzeit entstehen zwei Theaterstücke. LUCKY STRIKE (7.-11-05- 2014) basiert auf den Motiven des Märchens »Hans im Glück« und verhandelt den Umgang mit Besitz. Was man von materialistischen Denkweisen halten soll, ob Gier nun positiv oder negativ ist und was man zum Leben wirklich braucht, wird so spielerisch wie anarchisch mit einem jungen Publikum ab 6 Jahren erforscht. Die Aufführung der Märchen-Adaption dient als erstes zu diskutierendes Fallbeispiel für eine im Entstehen begriffene egalitär-emanzipatorische Arbeitsweise mit Kindern.

Als zweite Produktion entsteht im Mai 2015 die installative Performance SCHLARAFFENLAND, diesmal in Kollaboration der Neuen Schule mit Schülern der Clara Grunwald Schule und der Erich Kästner Schule. Hier geht es als nächster Schritt darum, den „Schutzraum Neue Schule“ zu öffnen und die Gewohnheiten der Reformschule mit denen der Regelschule zu konfrontieren. Die Erfahrungen der bisher gewonnen Arbeitskonzepte werden in dieser neuen Konstellation weiter hinterfragt und ausgebaut.

Als diskursbildender Keil im angestoßenen Prozess wird zur Halbzeit des Projekts im November 2014 ein mehrtägiger Kongress mit Workshops und Vorträgen veranstaltet.

  • Masters of the Universe (2013-2015)
  • Masters of the Universe (2013-2015)
  • Masters of the Universe (2013-2015)
  • Masters of the Universe (2013-2015)
  • Masters of the Universe (2013-2015)
  • Masters of the Universe (2013-2015)

Fotos: Frank Egel

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